Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf einer Zweiten Verordnung zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen

02.09.2020

Gem. § 52 Schulgesetz (Drucksache 17/3659), 
Gespräch des Ausschusses für Schule und Bildung am 09.09.2020

Der VBE NRW begrüßt grundsätzlich den Verordnungsentwurf zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 Schulgesetz, um die Handlungssicherheit der Schulen zu gewährleisten.

Es ist richtig, auch in der derzeitigen pandemischen Lage das Recht auf schulische Bil-dung und individuelle Förderung festzuschreiben, wie dies in § 1 der vorliegenden Zweiten Verordnung der Fall ist. Allerdings sollte dringend klargestellt werden, dass der „größtmögliche Umfang“ durchaus standortspezifisch und personell differieren kann.

Die Festlegung in § 2, dass Unterricht in der Regel der Präsenzunterricht ist, ist richtig. Dennoch ist es ebenso sinnvoll, die Gleichwertigkeit zwischen Distanz- und Präsenzunterricht festzuhalten, sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrkräfte. Allerdings sollte bedacht werden, dass es bei den Formen des Distanzunterrichtes weniger auf die quantitative Gleichwertigkeit mit dem Präsenzunterricht ankommt, als vielmehr die qualitative Gleichwertigkeit zählt. Eine vereinfachte Übertragung eines Präsenz-Stundenplans in das Distanzlernen würde diesem nicht gerecht werden und außerdem aufgrund fehlender Kapazitäten und/oder digitaler Ausstattung unter Umständen gar nicht möglich sein.

Die Regelungen in § 3 bezüglich der Organisation des Distanzunterrichts durch die Schulleitung beinhalten sinnvolle Einlassungen auf zu berücksichtigende Voraussetzungen und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sowie der Information der Schulkonferenz. Die in (4) genannte Einlassung ist nicht vorbehaltlos zu unterstützen, da auch und gerade in den mittleren Jahrgängen die Präsenz der Schülerinnen und Schüler altersbedingt angezeigt erscheint. Eine Verengung auf die Eingangs- und Abschlussklassen ist - auch als Empfehlung - nur bedingt zielführend. Absatz (6) sollte um folgende Formulierung ergänzt werden: „Distanzunterricht soll digital erteilt werden, wenn die technischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind und pädagogische Gründe nicht dagegenstehen.“ Die in (7) genannte Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für den Distanzunterricht ist zu begrüßen.

Die Zusammenarbeit der Schule mit den Eltern ist in § 4 geregelt, ebenso die Erziehungsverantwortung der Eltern. Allerdings sollte bedacht werden, dass gerade bei Schülerinnen und Schülern der Primarstufe und der Sekundarstufe I es nicht nur in der Verantwortung der Eltern liegt, dass ihr Kind der Teilnahmepflicht nachkommt, sondern dass es auch darum geht, in einer gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit der Schule den notwendigen Kontakt zu halten.

Die Gefahr der Überforderung ist bei der Erteilung des Distanzunterrichts tendenziell eher gegeben als beim Präsenzunterricht, diesem gilt es zum Wohle der Schülerinnen und Schüler vorbeugend entgegenzuwirken. Dies wird in § 5 zugrunde gelegt. Sicherlich ist es sinnvoll, die Klassenleitungen in diese Verantwortung einzubinden.
Aber dies kann nur gemeinschaftlich mit dem gesamten Kollegium aber auch mit den Erziehungskräften gelingen.

Die in § 6 (3) genannten „geeigneten Formen der Leistungsüberprüfung“ sollten nach Möglichkeit näher präzisiert werden, um eine höhere Transparenz für alle Beteiligten zu ermöglichen.

Es ist richtig, die Verordnung zunächst auf ein Schuljahr zu befristen, wie dies in § 9 festgeschrieben wird.

Insgesamt ist zu bemerken, dass die Fragen des Distanzunterrichts, seiner Erteilung, seiner Gleichwertigkeit und seiner Bewertung in dem Befristungszeitraum ständig zu prüfen und zu hinterfragen sind und im Zweifelsfall einer Anpassung zu unterziehen sind.

Spätestens nach dem Außerkrafttreten der Verordnung ist es ratsam, die Verordnung zu evaluieren und entsprechend zu erweitern oder anzupassen, um das Lernen auf Distanz auf sichere rechtliche wie pädagogische Füße stellen zu können. Hierfür bedarf es neben der vorgelegten Verordnung vor allem eine große gemeinschaftliche Anstrengung, Fehler beziehungsweise auch Versuche oder Erprobungen zuzulassen. Eine Herausforderung und Anstrengung, die nur gemeinsam durch die Lehrkräfte, das pädagogische Personal, die Schülerinnen und Schüler und nicht zuletzt auch die Erziehungsberechtigten angegangen werden kann.


Stefan Behlau
Vorsitzender 

Weitere Artikel im Bereich ""
15.08.2023
Stellungnahme des VBE NRW: Jetzt umsteuern und Weichen stellen für einen zeitgemäßen, attraktiven Arbeitsplatz Schule

Zum Antrag der Fraktion der FDP (Drucksache 18/4131), Anhörung des Ausschusses für Schule und Bildung am 22.08.2023

19.04.2023
Stellungnahme des VBE NRW zum Antrag der Fraktion der SPD „Chancengleichheit jetzt!

Das Erfolgsmodell der Familiengrundschulzentren schnell und flächendeckend in NRW etablieren" (Drucksache 18/3306) - Anhörung des Ausschusses für Schule und Bildung am 26.04.2023

23.03.2023
Stellungnahme zu den Kernlehrplänen Wahlpflicht Informatik für die Haupt-, Real, Gesamt- und Sekundarschulen sowie Gymnasium

Durchführung der Verbändebeteiligung gemäß § 77 Absatz 3 SchulG

20.03.2023
Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Lehrkräftebesoldung

sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften / Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 18/2277; Anhörung des HFA und des ASB am 23.03.2023

16.03.2023
Stellungnahme des VBE NRW zu den Entwürfen der Kernlehrpläne für Deutsch, Mathematik und Englisch der gymnasialen Oberstufe

an Gymnasium, Gesamtschule und Weiterbildungskolleg - 
Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG

02.03.2023
Stellungnahme des VBE NRW zur Kernlehrplanentwicklung für das Fach Praktische Philosophie, schulformübergreifend in der Sek I

Fachbezogene Hinweise des VBE NRW

28.02.2023
Stellungnahme des VBE NRW zu IQB-Bildungstrend u. a.

Stellungnahme des VBE NRW für die Anhörung des Ausschusses für Schule und Bildung des Landtags NRW zum Antrag der Fraktion der FDP „Erschütternde Ergebnisse bei IQB-Bildungstrend. Die Landesregierung muss alles daransetzen, die Qualität der Bildung zugunsten der Bildungsgerechtigkeit zu heben.“ (Drucksache 18/1365), zum Antrag der Fraktion der FDP „Lehrerstellenbesetzungsoffensive. NRW Aufklaffende Lehrkräftelücke jetzt vorausschauend und qualitätssichernd schließen!“ (Drucksache 18/1102) sowie zur Vorlage „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ (Vorlage 18/604)

06.02.2023
Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung von Vorschriften der Lehrerausbildung

Der VBE NRW nimmt wie folgt Stellung:

21.12.2022
Stellungnahme des VBE NRW: Bestimmungen über die Arbeitszeiten für die schriftlichen Prüfungen im Abitur

Zum Entwurf einer Verordnung zur Anpassung der Bestimmungen über die Arbeitszeiten für die schriftlichen Prüfungen im Abitur. 

04.11.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Antrag der Fraktion der SPD „Wissenschaftliche Folgen der Pandemie ernst nehmen

Psychosoziale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Familien im Bildungsbereich stärken! Drucksache 18/628, Anhörung am 15.11.2022

18.10.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen

 für das Haushaltsjahr 2022 (Nachtragshaushaltsgesetz 2022 - NHHG 2022), Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 18/900

19.09.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung von Distanzunterricht

Distanzunterrichtsverordnung  DistanzunterrichtsVO, Durchführung der Verbändeanhörung gem. § 77 Schulgesetz NRW

19.09.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf einer Fünften Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung

Sekundarstufe I, Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77

21.04.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Kernlehrplan für das Wahlpflichtfach „Wirtschaft und Arbeitswelt“

in der Sekundarstufe I, Gesamtschule und Sekundarschule
Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG

03.03.2022
Stellungnahme des VBE NRW: Curriculare Vorgaben für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an allen Lernorten

Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG

02.03.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen „Bildung für das 21. Jahrhundert

Aus der Pandemie lernen - Bildung endlich konsequent neu denken Drucksache 17/16268

28.01.2022
Stellungnahme des VBE NRW zum Antrag der AfD "Kinder ernst nehmen – Lernfreude fördern – Bildungsgerechtigkeit herstellen!"

Zum Antrag der Fraktion der AfD „Kinder ernst nehmen  Lernfreude fördern  Bildungsgerechtigkeit herstellen! Schulleitungsvotum der aufnehmenden Schule auf der Grundlage eines aussagekräftigen Grundschulgutachtens als verbindliches Kriterium für die Weiterführung der Schullaufbahn festlegen.“

20.01.2022
Stellungnahme des VBE NRW zur Entwurfsfassung Aktionsplan NRW inklusiv

Erfolge verstetigen, Neues initiieren! Beiträge der Landesregierung zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen

10.01.2022
Stellungnahme des VBE NRW: „Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen

Gesetzentwurf der Landesregierung "16. Schulrechtsänderungsgesetz“ 
sowie „Entwurf einer Verordnung zur Anpassung schulrechtlicher Vorschriften“ 

20.12.2021
Stellungnahme des VBE NRW: Kernlehrpläne für Deutsch und Mathematik

für die Haupt-, Real-, Gesamt- und Sekundarschule
Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG

Grafik: © VBE NRW
Ihre Qualifizierung vor Ort

Termine, Orte und Anmeldung

Grafik: KirschKürmann
Ausgabe September/Oktober 2023

Schulkultur


URL dieses Artikels:
http://www.vbe-nrw.de/menu_id/133/content_id/5827.html

VBE-Bezirksverbände

Arnsberg Detmold Düsseldorf Köln Münster

copyright © 2001 - 2019 Verband Bildung und Erziehung, Landesverband NRW