Stellungnahme des VBE NRW zum Antrag "Lehrerfortbildung" der Fraktionen der CDU und der FDP

12.06.2020

Die Lehrerfortbildung zeitgemäß und passgenau weiterentwickeln (Drucksache 17/7763)

Anhörung Ausschuss für Schule und Bildung am 17.06.20

Die Lehrerfortbildung in NRW ist breit aufgestellt. Es gibt hier unterschiedliche Akteure, die die Lehrerfortbildung prägen. Neben dem Ministerium für Schule und Bildung, den Bezirksregierungen, dem Landesinstitut QUA-LiS und den Kompetenzteams bieten auch freie Anbieter Fortbildungen an, die von den Schulen in Anspruch genommen werden. Für die Schulleitungen und die Lehrkräfte in den Schulen ist das Angebot in seiner Vielfältigkeit nicht sehr übersichtlich. Immer wieder wird zurückgemeldet, dass es zwar sehr viele Angebote gibt, diese aber oft nicht zu den Bedürfnissen vor Ort passen.

Dies ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass die Lehrerfortbildung in NRW sowohl individuelle, fachgruppenbezogene wie auch systemische Fortbildung zu leisten hat. Unbedingt zu berücksichtigen ist im Übrigen bei einer Weiterentwicklung der Lehrerfortbildung auch die Tatsache, dass es in Schule neben den Lehrkräften weitere Professionen im Landesdienst gibt, denen entsprechende Fortbildungsangebote zu un-terbreiten sind.

Der umfassende Bericht „Evaluation der Lehrerfortbildung in NRW – Stellungnahme der Expertengruppe“ ist ein erster richtiger Schritt, das Gesamtsystem der Lehrerfortbildung in NRW zu durchdenken, zu strukturieren und ggf. neu aufzustellen.

Demzufolge begrüßt der VBE die Initiative, die Lehrerfortbildung zeitgemäß und passgenau weiterzuentwickeln.

Zu den einzelnen Forderungen an die Landesregierung:

1. Es ist sinnvoll, den Evaluationsbericht vom 28. Oktober 2019 genau auszuwerten und für eine qualitative Weiterentwicklung des Systems der Lehrerfortbildung in NRW zu nutzen.

2. Es gibt verschiedene Bereiche, in denen die staatliche Lehrerfortbildung aktuell an ihre Grenzen stößt und nicht den Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte deckt.

Inklusion:
Das inklusive Lernen ist eine wesentliche Aufgabe in vielen Schulen. Es ist ein grundlegendes Recht, allen Kindern und Jugendlichen eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hierzu gehört unabdingbar das gemeinsame Lernen von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern.
Die Schulen des Gemeinsamen Lernens erleben täglich große Herausforderungen, die die in ihnen Tätigen mit viel Engagement angehen. Immer wieder gibt es Schwierigkei-ten, bei denen sich die Schulleitungen und Lehrkräfte (und so auch die Eltern) allein gelassen fühlen. Hierbei ist das größte Problem die fehlende sonderpädagogische Expertise in vielen Schulen.
Aus Sicht des VBE ist es an erster Stelle notwendig, möglichst vielen jungen Menschen die Lehrerausbildung SP zu ermöglichen und in diesem Bereich ausreichend Studienplätze zu schaffen.
Da es immer mehr Schülerinnen und Schüler gibt, denen es schwerfällt, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren und die durch regelmäßige Störungen des Unterrichts auffallen, ist besonders in diesem Bereich die Lehrerfortbildung neu aufzustellen. Aktuell helfen sich die Schulen mit Fortbildungen von freien Anbietern.
Hier gibt es einige gute hilfreiche Fortbildungen für Lehrkräfte, dennoch fehlt ein syste-matisches, effektives Konzept, von dem Schulen flächendeckend profitieren können.
Die Fortbildung von Lehrkräften mit dem originären Lehramt für allgemeine Schulen im Bereich des inklusiven Lernens wird diesen zwar im täglichen Unterricht helfen, entbindet die Politik aber nicht von der Aufgabe, die Voraussetzungen zu schaffen, dass zu-künftig mehr Studienplätze für das Lehramt SP an den Hochschulen angeboten werden müssen, um ausreichende sonderpädagogische Expertise in allen Schulen des Ge-meinsamen Lernens und an den Förderschulen selbst zu haben.

Integration:
DaZ/DaF sind inzwischen feste Bestandteile der Lehrerausbildung. Das hat positive Wirkungen auf die Sprachförderung in den Schulen und so auf die Integration der Kinder und Jugendlichen und wird ausdrücklich begrüßt.
Eine gelungene gesamtgesellschaftliche Integration von Kindern und Jugendlichen muss jedoch mehr erfassen als das Vermitteln der deutschen Sprache.
In diesem Bereich spricht der VBE nicht allein von Kindern und Jugendlichen aus zugewanderten Familien, sondern auch von Kindern und Jugendlichen aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Alle diese Kinder und Jugendlichen, die sich nicht zu unserer Gesellschaft zugehörig fühlen, benötigen in den Schulen feste und verlässliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die von ihnen wissen, die Hilfe- und Unterstützungssysteme kennen und die darin geschult sind, Angebote zu unterbreiten, die diesen Schülerinnen und Schülern eine wirkliche gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
Der VBE fordert hier seit langem MPTs an den Schulen, mit unterschiedlichen Professionen. So ist es möglich, noch mehr als bisher, durch regelmäßige Projekte und Ange-bote, unsere Demokratie erfahrbar zu machen.

Digitales Lernen:
Die aktuelle Zeit der Corona-Pandemie hat die Schwachstellen im Bildungssystem mehr als deutlich gemacht, hier besonders auch im Bereich des digitalen Lernens. Es fehlt nicht allein an der notwendigen technischen Ausstattung für ein effektives und sinnvoles Lernen auf Distanz. Viele Lehrkräfte haben sich eigenständig und mühsam digitale Möglichkeiten erarbeitet, um mit ihren Schülerinnen und Schülern, die über die notwendige technische Ausstattung verfügen, wenigstens über den Bildschirm in regelmäßigem Augenkontakt bleiben zu können.
Digitales Lernen bedeutet aber bei weitem nicht allein, Arbeitsblätter über Homepages bereitzustellen und per Videochat miteinander verbunden zu sein.
Die Lehrerfortbildung muss es leisten, Lehrkräfte zu befähigen, digitales Lernen auf der Grundlage von pädagogischen Konzepten in ihr methodisches Handeln zu integrieren. Hierbei muss der Medienkompetenzrahmen NRW die entscheidende Grundlage auch für die Lehrerfortbildung sein.

3. Für eine effektive und im Bezug auf vorhandene Ressourcen sinnvolle Lehrerfortbildung ist es angebracht, Zuständigkeiten klar zu definieren und aufeinander abzustimmen. Die Schulen benötigen für ihre Fortbildungsplanungen ein übersichtliches System, um zügig passgenaue Formate zu finden und diese buchen zu können.

4. Der VBE begrüßt es, Universitäten und Hochschulen in die Lehrerfortbildung einzubinden. Es ist denkbar, dass Fortbildungsbeauftragte (der Schulen) vorhandenes Fachwissen aus verschiedenen Fachbereichen für pädagogische Tage in die Schulen vor Ort holen. Andererseits können einzelne Lehrkräfte sich in unterschiedlichen Thematiken spezialisieren und in den Schulen als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wirken.

Die Möglichkeiten, Schülerinnen und Schüler in die Bedarfs- und Qualitätskommunikation des Fortbildungssystems einzubeziehen, werden vom VBE als ausbaufähig eingeschätzt. Es ist im Rahmen der demokratischen Teilhabe notwendig, Schülerinnen und Schüler in die Fortbildungsplanung und die daraus entstehenden notwendigen Evaluationen der einzelnen Schule miteinzubeziehen.


09.06.2020
Stefan Behlau
Vorsitzender

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